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Erfolgsgeschichte Lorenz Woyack„Ja, ich will das noch mal lernen!“

© Foto: Tim-Thilo Fellmer

Lorenz Woyack

Lerner-Experte

„Ich finde es anstrengend zu lernen, aber auch toll – und irgendwann bekam ich Lust, etwas davon weiterzugeben“

  • ist ein guter Handwerker
  • Hobby: Flohmarkt
  • unterstützt das GBZ seit 2016
  • Motto: Je freier man ist, desto mehr lebt man.

Mein Name ist Lorenz. Der Grund, warum ich als Erwachsener noch lesen und schreiben lernen wollte? Ich wollte von niemandem mehr abhängig sein. Als ich diesen Entschluss gefasst habe, war ich 50 Jahre alt.

„Die Freiheit, die ich mir erarbeitet habe, davon sollen auch andere etwas haben. Ich freue mich, wenn auch andere Menschen, die nicht gut lesen und schreiben können irgendwann sagen: „Ja, ich will das noch mal lernen!“

Lorenz Woyack

In der Schule habe ich es nicht geschafft, lesen und schreiben zu lernen. Ich war auf einer Sonderschule und hätte auch zur Logopädie gemusst. Leider wurde es nicht richtig festgestellt, dass ich Sprachunterricht gebraucht hätte.

Nach der Schule war ich auf dem Bau. Eine Ausbildung hatte ich nicht. Deswegen musste ich immer beweisen, genauso gut zu sein wie die anderen. Ich habe es dann sogar bis zum Manager geschafft und auch nicht schlecht verdient. Trotzdem macht das was mit einem, wenn man nicht gut lesen und schreiben kann. Man versucht seine Schwäche zu überspielen, lenkt sich ab, trinkt.

© Foto: Tim-Thilo Fellmer
© Foto: Tim-Thilo Fellmer

Zuerst bin ich nicht offen damit umgegangen. In der DDR dachte ich, so etwas gibt es gar nicht. Aber nach der Wende bin ich in ein kleines Dorf gezogen und habe es nicht verschwiegen. Dann habe ich festgestellt: Es gibt noch andere, denen es geht wie mir. Wenn ich darüber gesprochen habe, waren die Menschen verwundert. Manche haben es nicht geglaubt. Die haben gesagt: „Mensch, du rechnest alles aus, baust so viel, besser als andere – wie kann das sein?“

Wie gesagt, mit 50 habe dann richtig angefangen, neu zu lernen. Schon als Jugendlicher hatte ich es mal versucht, aber das war mir neben der Arbeit zu anstrengend. Doch irgendwann habe ich es auf die Reihe bekommen.
Insgesamt habe ich fast 7 Jahre beim AOB – dem Arbeitskreis Orientierungs- und Bildungshilfe – gelernt, derzeit lerne ich bei der VHS Reinickendorf. Ich finde es anstrengend zu lernen, aber auch toll – und irgendwann bekam ich Lust, etwas davon weiterzugeben. Die Freiheit, die ich mir erarbeitet habe, davon sollen auch andere etwas haben. Ich freue mich, wenn auch andere Menschen, die nicht gut lesen und schreiben können irgendwann sagen: „Ja, ich will das noch mal lernen!“

Deswegen habe ich angefangen, mich zu engagieren. Ich wollte darauf aufmerksam machen, dass es viele Menschen wie mich gibt. Auch wenn das viele nicht wissen, sind ganz viele Deutsch-Muttersprachler darunter.

Ich mit mittlerweile Rentner und ich kann recht frei über meine Zeit bestimmen. Wenn ich nicht gerade lerne oder mich ehrenamtlich im Bereich Grundbildung engagiere, treffe ich mich mit Freunden. Manchmal helfe ich ihnen auch, Sachen zu reparieren. Handwerklich kann ich einiges. Mein Hobby ist allerdings der Flohmarkt. Dort kaufe und verkaufe ich Sachen. Aber ich lese auch gerne. Doch um Bücher zu lesen, muss ich Ruhe haben. Ich lese oft abends vor dem Schlafengehen. Wenn ich erst mal drin bin, dann entspannt es mich auch und ich vergesse die Zeit. Das ist ein schönes Gefühl.

„Sich engagieren“ heißt, sich für etwas einsetzen. Zum Beispiel für ein Thema, dass einen besonders interessiert. In einem Verein oder als Ehrenamtler:in.

Arbeitskreis Orientierungs- und Bildungshilfe e.V.

Zweck des Vereins ist es, Erwachsene und Jugendliche, die nicht oder nicht ausreichend lesen und schreiben können, durch ein Angebot an Lese- und Rechtschreibkursen, psychosoziale Beratung und Lernberatung zu unterstützen. Ziel ist die Erweiterung ihrer Kompetenzen im Grundbildungsbereich, um am gesellschaftlichen Leben angemessen teilhaben zu können.

Grund-Bildungs-Zentrum

Es gibt bundesweit verschiedene GBZ. Die GBZ beraten Betroffene und ihre Angehörigen, informieren die Öffentlichkeit über Schriftsprachschwierigkeiten und bauen Netzwerke auf. Viele bieten Lernangebote an. In Berlin gibt es keine Kursangebote.

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