Das Grund-Bildungs-Zentrum wurde ins Leben gerufen, um die Situation von Berlinerinnen und Berlinern mit Grundbildungsbedarf zu verbessern. Das sind Erwachsene, die Probleme mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen haben. Da das Thema Analphabetismus ein Tabu ist, sind diese Menschen oft unerkannt oder verbergen ihre Probleme. Mit geschätzten fast 300.000 Betroffenen in Berlin handelt es sich dabei um keine Randgruppe!
Um die Situation dieser Mitbürger:innen zu verbessern (sie beispielsweise in Lern- und Beratungsangebote zu vermitteln) und um Hürden für ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben abzubauen, arbeiten wir mit vielen verschiedenen Menschen, Einrichtungen und Institutionen zusammen: Kursleitende, Beratende, Bildungsträger, Wissenschaft und Forschung, Presse, Politik, Unternehmen, Behörden, Verwaltung, Gesundheit, Kultur u.v.m.
Menschen, die zwar einzelne Buchstaben, Wörter oder auch Sätze lesen und schreiben können – nicht jedoch einen kurzen und einfachen Text sinnentnehmend lesen können, bezeichnete man vor einigen Jahren noch als „funktionale Analphabeten“. Da der Begriff „Analphabetismus“ teilweise als abwertend wahrgenommen wird, spricht man heute auch von „Menschen mit geringer Literalität“.
Zwischen denjenigen, die nicht über die Buchstabenebene hinauskommen und denen, die Sätze gut lesen und schreiben können, gibt es die unterschiedlichsten Abstufungen – sogenannte Alpha-Level. Alle haben aber gemeinsam, dass sie zu vielen Bereichen in der Gesellschaft nur schwer Zugang finden und daher viele Folgeprobleme und Herausforderungen im Alltag haben.
Über 12 % der erwachsenen erwerbsfähigen Bevölkerung in Deutschland (6,2 Millionen) haben große Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben (sogenanntes Alpha-Level 1–3).
Hochgerechnet gehen wir von fast 300.000 Betroffenen in Berlin aus. Zum Vergleich: Das sind so viele Menschen, wie Augsburg Einwohner:innen hat.
Hinzu kommen weitere rund 20 % (10,6 Millionen) mit fehlerhafter Rechtschreibung auf einem Lernstand der Grundschulzeit (sogenanntes Alpha-Level 4).
Das bedeutet, dass zusammengenommen etwa ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland (16,8 Millionen) das Lesen und Schreiben nur ungenügend beherrschen.
Die Gründe für fehlende Grundbildung und geringe Literalität in Deutschland können vielfältig sein und hängen oft mit verschiedenen sozialen, ökonomischen und bildungsbezogenen Faktoren zusammen.
So haben beispielsweise Personen aus sozial benachteiligten oder einkommensschwachen Familien oft weniger Zugang zu Bildung und kulturellen Ressourcen, was sich negativ auf ihre Lese- und Schreibkompetenzen auswirken kann. Kinder, die bereits in frühen Jahren keine ausreichende Förderung in der Sprachentwicklung und Grundbildung erhalten haben, können später Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben. Auch kann Bildungsungleichheit dazu führen, dass Schulen in benachteiligten Gebieten nicht über ausreichende Ressourcen und Lehrkräfte verfügen, um eine angemessene Grundbildung zu gewährleisten. Des Weiteren kann geringe Literalität in der Familie „sozial vererbt“ werden. D.h., wenn Eltern oder andere Familienmitglieder nicht ausreichend lesen und schreiben können, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Kinder diese Fähigkeiten ebenfalls nicht ausreichend entwickeln. Auch gibt es Menschen mit spezifischen Lernschwierigkeiten oder Lernstörungen, die ihre Lese- und Schreibfähigkeiten beeinträchtigen. Personen mit Migrationshintergrund können ebenso mit sprachlichen Barrieren konfrontiert sein.
Mit Grundbildung sind Fähigkeiten und Kenntnisse gemeint, die man im Alltag braucht. Neben dem Lesen und Schreiben sind verschiedene weitere Kompetenzen erforderlich, um vollständig am gesellschaftlichen Leben – auch bei der Arbeit oder in der Freizeit – teilnehmen zu können. Dazu gehören zum Beispiel mathematische, finanzielle und digitale sowie soziale Kompetenzen oder Allgemeinbildung.
Es geht darum, einfache Dinge über die Welt um uns herum zu verstehen. Das kann beispielsweise bedeuten zu wissen, wie Pflanzen wachsen, warum das Wetter sich ändert oder wie Menschen miteinander umgehen.
Wenn man diese Grundlagen beherrscht, kann man besser Entscheidungen treffen. Zum Beispiel wenn man einkauft und Preise vergleicht, um das Beste für sein Geld zu bekommen. Auch im Job ist Grundbildung wichtig. Wenn man weiß, wie Dinge funktionieren, kann man besser arbeiten und verstehen, was erwartet wird.
Grundbildung hilft auch dabei, in der Gesellschaft aktiv zu sein. Die eigenen Rechte und Pflichten kann man besser verstehen. Man kann aktiv an Gesprächen teilnehmen, die eigene Meinung vertreten und andere Meinungen kritisch hinterfragen.
Auch Sie kennen vermutlich Menschen, die nicht gut lesen und schreiben können. Schließlich ist jede:r 8. Erwachsene betroffen. Vielleicht sind das Personen in Ihrem Bekanntenkreis, in der Nachbarschaft, unter Ihren Kolleg:innen oder Kund:innen und Klient:innen.
Helfen Sie diesen Menschen, nicht isoliert zu werden und den Weg in eine Beratung oder einen Lese- und Schreibkurs zu finden. Wir unterstützen Sie dabei!
Rufen Sie uns an (Mo–Fr 9–14 Uhr):
Das Grund-Bildungs-Zentrum richtet sich an alle Menschen, die ausreichend Deutsch sprechen. Unter den Personen in Deutschland, die Grundbildungsdefizite haben, sprechen laut einer Hamburger Studie 52,6 % Deutsch als Erstsprache und 47,4 % eine andere Erstsprache als Deutsch. Für sie alle sind wir gerne da!
Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse wenden sich bitte an die Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration. Kostenlose Deutschkurse für Geflüchtete gibt es beispielsweise bei den Berliner Volkshochschulen.
Wir sind das Berliner Kompetenzzentrum für Grundbildung und Alphabetisierung. In Politik und Gesellschaft setzen wir uns dafür ein, Strukturen zu stärken, Kompetenzen aufzubauen und Hürden für Betroffenen abzubauen, damit Teilhabe und „Bildung für alle“ gelingt.
Mit unserer Arbeit richten wir uns daher nicht nur an Betroffene, sondern an ganz unterschiedliche Zielgruppen in unserer Stadt, zum Beispiel an Kursleitende, Multiplikator:innen, Mitarbeitende in öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen, Entscheidungsträger:innen aus Politik und Gesellschaft sowie an Medienvertreter:innen.
Dabei konzentrieren wir uns auf die folgenden Schwerpunkte:
- Enttabuisierung des Themas und Aufklärung
- Informationen für Betroffene und Fachwelt
- Netzwerkarbeit und Interessenvertretung
- Abbau von Hürden für Betroffene
- Beratung und Fortbildung
Eine Besonderheit des Berliner Grund-Bildungs-Zentrums ist es, dass wir selbst keine Lernangebote und Kurse für Betroffene anbieten. Gerne leiten wir aber zu passenden Angeboten weiter!
Wir unterscheiden zwischen
- Betroffenen, also gering literalisierten Menschen, die noch kein Lernangebot wahrnehmen,
- Lernenden und
- Expert:innen in eigener Sache bzw. Botschafter:innen für Alphabetisierung.
Die Letztgenannten sind Betroffene oder auch ehemalige Betroffene, die nicht nur ihre eigenen Erfahrungen im Blick haben, sondern auch über die Erfahrungen anderer Betroffener sowie das Thema als solches sprechen können. Sie bringen diese Fähigkeit aktiv für ihre Sache ein und sind damit Expert:innen in eigener Sache.
Viele dieser Botschafter:innen für Alphabetisierung unterstützen unsere Arbeit ehrenamtlich:
- Alpha-Siegel (Begutachtung von Dokumenten auf Verständlichkeit und von Räumlichkeiten auf gute Orientierung)
- Fachgespräche, -veranstaltungen, z. B. beim jährlichen GBZ-Fachtag (Planung, Beratung, Teilnahme an und Mitgestaltung von Arbeitsgruppen)
- Presseanfragen/-termine und andere Öffentlichkeitsarbeit wie Infostände, Social Media usw.
- Mitarbeit an Forschungsprojekten
- Sensibilisierungsschulungen (Unterstützung der Dozent:innen, authentische Berichte)
Nein, die Beratung bei uns ist kostenlos.
Sie erreichen uns telefonisch unter 030 255 633 11 oder per Mail an .
Ja, der Zugang zu unseren Räumlichkeiten ist barrierefrei.
Unsere Schulungen und Workshops haben zum Ziel, über das Thema geringe Literalität aufzuklären und Teilnehmenden das Handwerkszeug mitzugeben, Betroffene besser zu erreichen und zu unterstützen. Sie richten sich daher an Interessierte und Mitarbeitende in Behörden, Verwaltung, Bildungseinrichtungen, Beratungsstellen und Stadtteilzentren. Viele unserer Fortbildungsformate werden von ehrenamtlichen (ehemaligen) Betroffenen begleitet.
Ja. Unsere kostenfreien Schulungen können wir zwar nur in beschränktem Umfang anbieten und müssen die Teilnahme auf maximal zwei Plätze je Einrichtung und Schulung begrenzen. Sie können jedoch kostenpflichtig eine auf Ihre Einrichtung zugeschnittene Inhouse-Schulung für einen geschlossenen Teilnehmendenkreis bei uns buchen. Gerne passen wir die Inhalte an Ihre Bedürfnisse, Ihre Vorkenntnisse oder spezielle Themenschwerpunkte wie Gesundheit oder Arbeitsmarkt an.
Der Treffpunkt „Komm-Café“ ist offen für alle: Lernende, Betroffene, ehemalige Betroffene … Jede:r, die/der sich zum Thema Lese- und Schreibprobleme austauschen will, ist willkommen.
Das „Komm-Café“ ist der zentrale Treffpunkt für unsere Botschafter:innen für Alphabetisierung und findet ca. einmal im Monat im Grund-Bildungs-Zentrum Berlin statt.
Zusätzlich gibt es weitere Treffen, bei denen wir uns mit besonderen Themen beschäftigen, z. B. mit den Fähigkeiten, die die Botschafter:innen für Alphabetisierung für bestimmte Aufgaben brauchen.
Nein, das Komm-Café ist kostenlos. Auch eine Anmeldung ist nicht nötig. Kommen Sie einfach vorbei, wir freuen uns auf Sie!
Das Alpha-Siegel ist für alle Organisationen mit Kundenkontakt geeignet. Die Maßnahmen, die im Rahmen des Alpha-Siegel-Prozesses in den Einrichtungen und Unternehmen umgesetzt werden, unterstützen neben Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten natürlich auch Menschen mit geringen Deutschkenntnissen oder jene, die sich in einer Einrichtung schneller und klarer orientieren möchten.
Die Anmeldung kann jederzeit vorgenommen werden, sobald zwei Mitarbeitende Ihrer Organisation am Alpha-Siegel Workshop teilgenommen haben. Sie wählen bei der Anmeldung selbst eine Frist zur Abgabe der durch Sie ausgefüllten Checkliste sowie der geforderten Unterlagen aus. Danach findet das Audit Ihrer Organisation statt.
Viele Lerner:innen und ehemalige Betroffene unterstützen uns ehrenamtlich. Sie haben auch Interesse? Melden Sie sich bei uns oder besuchen Sie uns im Treffpunkt „Komm-Café“!
Ehrenamtliche Tätigkeiten von Nicht-Betroffenen direkt bei uns können wir nur von Fall zu Fall und je nach Auslastung ermöglichen. Wir sind jedoch gerne für Sie da und vermitteln weiter, wenn Sie an ehrenamtlicher Arbeit interessiert sind oder als Quereinsteiger:in in diesem Bereich arbeiten möchten und dazu Fragen haben.
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„Sich engagieren“ heißt, sich für etwas einsetzen. Zum Beispiel für ein Thema, dass einen besonders interessiert. In einem Verein oder als Ehrenamtler:in.
Literalität bedeutet:
Du kannst gut lesen und schreiben.
Du kannst mit geschriebenen Worten umgehen.
Das ist wichtig für das Leben in der Gesellschaft.
Die Gesellschaft hat Regeln.
Zum Beispiel: Wie man schreibt.
Und was man beim Schreiben beachten muss.
Du kannst diese Regeln gut verstehen und anwenden.
Gering literalisierte Menschen können das nicht so gut.
Multiplikatoren und Multiplikatorinnen können Personen aber auch Einrichtungen oder Medien sein. Sie stehen in ihrem Arbeitsalltag mit Menschen und verschiedenen (Ziel-)gruppen im Kontakt. Sie kennen unsere Themen Alphabetisierung und Grundbildung. Sie geben Informationen, ihr Fachwissen und ihr Können an andere weiter und machen diese dadurch einem breiteren Personenkreis zugänglich.
zum Beispiel
beziehungsweise
Als Analphabet wird jemand bezeichnet, der nicht lesen und schreiben kann. In Deutschland ist dies sehr selten. Viele Menschen, die Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben, können meist Buchstaben und Wörter lesen, haben aber Probleme mit Texten. Auch weil das Wort „Analphabet“ ausgrenzend ist, sprechen wir besser von „gering literalisierten Personen“. Viele Betroffene bezeichnen sich allerdings selbst manchmal als Analphabeten, weil der Begriff bekannt ist und nicht erklärt werden muss.
Analphabetismus bedeutet, dass jemand überhaupt nicht lesen und schreiben kann. Dies ist in Deutschland sehr selten. Viele Menschen haben aber große Probleme mit dem Lesen und Schreiben schon von einfachen Texten. Weil das Wort betont, etwas nicht zu können, und damit ausgrenzt, sprechen wir eigentlich lieber von „geringer Literalität“. Viele Betroffene bezeichnen sich allerdings selbst manchmal als Analphabeten, weil der Begriff bekannt ist und nicht erklärt werden muss.
Wir haben uns – mit Bauchschmerzen – für die Verwendung des Begriffs auf dieser Website entschieden, da viele Menschen über den Suchbegriff „Analphabetismus“ auf unsere Angebote stoßen und diese nutzen können.
und vieles mehr
Grund-Bildungs-Zentrum
Es gibt bundesweit verschiedene GBZ. Die GBZ beraten Betroffene und ihre Angehörigen, informieren die Öffentlichkeit über Schriftsprachschwierigkeiten und bauen Netzwerke auf. Viele bieten Lernangebote an. In Berlin gibt es keine Kursangebote.