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Warum es uns gibtWeil Berlin bessere Grundbildung und mehr Teilhabe braucht

Rund 12 % der deutschsprechenden, erwerbsfähigen Bevölkerung haben gravierende Probleme mit dem Lesen und Schreiben. Dies schränkt sie in der Bewältigung ihres Alltags ein und erschwert ihre Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben.

Das Grund-Bildungs-Zentrum Berlin wurde ins Leben gerufen, um die Situation von Menschen mit Grundbildungsbedarf zu verbessern. Die geschätzten fast 300.000 betroffenen Berlinerinnen und Berliner sind – zumal das Thema „Analphabetismus“ immer noch schambehaftet und tabuisiert ist – meist unsichtbar, jedoch keine Randgruppe!

Um das zu ändern sind wir angetreten: Wir arbeiten für Grundbildung und Alphabetisierung, seit 2014, engagiert und mit Herz!

„Nicht gut lesen und schreiben zu können ist leider weiterhin ein Tabu. Deswegen ist jeder Mensch, der Bescheid weiß, sich engagiert, sich professionalisiert und das Thema weiterverbreitet, ein großer Gewinn.

— Dr. Theresa Hamilton, Leiterin und Mitbegründerin des Grund-Bildungs-Zentrums Berlin

Unsere Aufgaben als Berlins Kompetenzzentrum für Grundbildung

Wir sind – auch aus langjähriger Erfahrung – überzeugt, dass Lernen und Abbau von Hürden zusammen gedacht werden müssen!
Es gibt und muss weiterhin viele gute und unterschiedliche Lern- und Beratungsangebote geben, die auf die individuellen Bedürfnisse und Lernerfahrungen von Betroffenen eingehen. Auf der anderen Seite ist es aber notwendig, Strukturen und Netzwerke zu haben, um gering literalisierte Personen über diese Angebote zu informieren und an sie heranzuführen. Und wir müssen unsere Stadt für Menschen mit Lese- und Schreibproblemen zugänglicher machen, Hürden abbauen und über das Thema aufklären, damit Tabus und Diskriminierung Betroffene nicht daran hindern, sich Unterstützung zu suchen.

Mit unserer Arbeit richten wir uns daher nicht nur an Betroffene, sondern an ganz unterschiedliche Zielgruppen in unserer Stadt, zum Beispiel an Kursleitende, Multiplikator:innen, Mitarbeitende in öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen, Entscheidungsträger:innen aus Politik und Gesellschaft sowie an Medienvertreter:innen.

Dabei konzentrieren wir uns auf die folgenden Schwerpunkte:

In unserem Team vereinen wir hierfür die Kompetenzen aus Sozial- und Netzwerkarbeit, Sprachwissenschaft, Lehrtätigkeit, Politik und Interessensvertretung sowie Öffentlichkeitsarbeit.

Eine Besonderheit des Berliner Grund-Bildungs-Zentrums ist es, dass wir selbst keine Lernangebote und Kurse für Betroffene anbieten. Gerne leiten wir aber zu passenden Angeboten weiter, die beispielsweise von Volkshochschulen und anderen Bildungsträgern in ganz Berlin verfügbar sind.

Aufklärung und Information

  • Sensibilisierungsschulungen, die Einzelpersonen und Organisationen zum Thema Alphabetisierung und Grundbildung schulen und Ansprache- und Weitervermittlungs-möglichkeiten aufzeigen
  • Öffentlichkeitsarbeit über Social-Media-Kanäle und -Kampagnen, Aktionen und Pressearbeit
  • Info- und Materialsammlung für Betroffene, Fachwelt und Verbündete
  • Adressverzeichnis der Berliner Lern- und Beratungsangebote für gering literalisierte Menschen

Netzwerkarbeit und Interessenvertretung

  • Organisation und Durchführung von Austausch- und Vernetzungsformaten und Begleitung der lokalen Netzwerke zur Grundbildung (Alpha-Bündnisse)
  • Repräsentation des Themas „Grundbildung“ in anderen thematisch relevanten Netzwerken, z. B. in den Bereichen Antidiskriminierung, Demokratie, Gesundheit, Integration und Inklusion
  • Kooperationen z. B. mit den Berliner Volkshochschulen, Bildungseinrichtungen und der Berliner Politik und Verwaltung

Abbau von Hürden für Betroffene

  • Entwicklung und Durchführung des Zertifizierungsprozesses „Alpha-Siegel“
  • Impulsvorträge und Beratung zu zielgruppenspezifischem Design, Sprache, Usability, Orientierung im Raum und Leitsysteme etc.

Beratung und Fortbildung

  • fachliche Begleitung der Berliner Alpha-Bündnisse
  • Fortbildungsangebote für Kursleitende und Beratende
  • Unterstützung von Selbsthilfestrukturen von Betroffenen
  • Beratung von Betroffenen, Vertrauenspersonen und Mitwissenden

Bildung für alle, Kompetenz für Berlin – Unser Leitbild

Wir sind das Berliner Kompetenzzentrum für Grundbildung und Alphabetisierung. In Politik und Gesellschaft setzen wir uns dafür ein, Kompetenzen aufzubauen, Strukturen zu stärken und Hürden für Betroffene abzubauen, damit Teilhabe und „Bildung für alle“ gelingt.

das Team des Grund-Bildungs-Zentrums Berlin
Das Team des Grund-Bildungs-Zentrums, © Foto: Andrea Katheder

Wie kann es sein, dass in einer modernen, schriftbasierten Gesellschaft so viele Menschen Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben? Genau. Die Konfrontation mit dem Problem geringe Literalität ruft Verblüffung hervor, und den Impuls: Dagegen müssen wir etwas tun!

Seither sehen wir uns in der Pflicht, das Thema Grundbildung sichtbarer zu machen, in der Gesellschaft Tabus, Diskriminierung und Barrieren abzubauen und uns für gering literalisierte Menschen zu engagieren. Dass solche Bildungsdefizite mit all ihren sozialen, psychischen und wirtschaftlichen Folgen zu oft noch ein unbekanntes, unverstandenes oder unterschätztes Problem sind, ist mehr als ein Mandat für unsere Arbeit! Es ist unsere moralische Verantwortung. Und indem wir über geringe Literalität aufklären, ziehen wir auch andere in die Verantwortung.

Bildung ist ein universelles Gut, das uns Orientierung gibt und uns Freiheit, Verständnis und Gestaltungskraft verleiht, im Persönlichen wie als Gesellschaft insgesamt. Als Grund-Bildungs-Zentrum treten wir dafür ein, dass alle Menschen die Bildung bekommen, die nötig ist, um Teil unserer Gesellschaft zu sein. So entstehen Zusammenhalt und die Fähigkeit, als Gesellschaft den Wandel und die Zukunft gut zu gestalten.
Mangelnde Grundbildung und fehlende Kenntnisse in modernen Kulturtechniken sind auch deshalb keine Minderheitenproblematik, sondern gehen die Gesellschaft als Ganzes etwas an. Darum erleben wir unsere Arbeit als sinnstiftend.

Unser Ziel ist es, Grundbildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe bewusst zu machen und strukturell langfristig zu stärken.

Wir arbeiten für und mit gering Literalisierten in Berlin. In allem, was wir tun, steht das Ziel im Vordergrund, Menschen mit Grundbildungsbedarf das Lernen, Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Um dies zu erreichen, suchen und pflegen wir die Zusammenarbeit mit Akteur:innen aus allen Bereichen unserer Stadtgesellschaft: Verwaltung und Behörden, Bildungsträger und soziale Einrichtungen, Politik und Medien, Wissenschaft und Wirtschaft.

Als Kompetenzzentrum für Alphabetisierung und Grundbildung in Berlin bieten wir allen unseren Zielgruppen und Stakeholdern Informationen, Beratung, Know-how und aktive Unterstützung in Vernetzungs- und Transformationsprozessen. Insbesondere gering literalisierten Menschen ermutigen und fördern wir dabei, Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen und selbst wirksam zu werden.

Nach unserer Erfahrung und Überzeugung ist das Problem geringer Literalität eine Gemeinschaftsaufgabe, die zweierlei erfordert:

1. nachholendes Lernen durch Betroffene sowie
2. das Abbauen von (schriftsprachlichen) Hürden und Tabus in der Gesellschaft.

Einerseits geht es uns also darum, in Berlin Strukturen zu stärken und Netzwerke zu etablieren, die vielfältige Lern- und Beratungsangebote direkt zu den Menschen bringen.
Auf der anderen Seite fordern wir von der Gesellschaft mehr Sensibilität und Inklusion, indem sie mehr auf betroffene Menschen zugeht.

Mit unserer Arbeit schaffen wir dafür die Voraussetzungen. Das Grund-Bildungs-Zentrum verfügt über ein umfassendes und vielfältiges Informations-, Beratungs- und Fortbildungsportfolio, das wir mit Netzwerk-, Interessenvertretungs- und Öffentlichkeitsarbeit flankieren.
Wir beraten gezielt und bedarfsorientiert gering Literalisierte oder Angehörige und arbeiten in allen Bereichen eng mit ehrenamtlich tätigen (ehemaligen) Betroffenen zusammen.
Unsere Erfahrungen und unsere Expertise lassen wir in Handlungsleitfäden und Aufklärungsarbeit einfließen und geben sie aktiv weiter. Wir sensibilisieren andere für das Thema, initiieren Dialoge und Netzwerke mit den richtigen Akteur:innen und schulen Organisationen und Unternehmen darin, mehr Teilhabe zu ermöglichen, indem sie schriftsprachliche Hürden abbauen und ihre Kommunikation einfacher gestalten.

Da Bildungsdefizite sich in allen Lebensbereichen auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene auswirken, setzen wir diese Arbeit in verschiedenen Bereichen strategisch an: Bildung, Gesundheit, Arbeit, Familie & Partnerschaft, Finanzen & Recht, Kultur & Freizeit sowie Politik & bürgerschaftliches Engagement sind unsere Handlungsfelder.

Wir möchten für das Thema Grundbildung und Alphabetisierung Brücken bauen, beispielhaft voran gehen und andere dazu befähigen, selbst aktiv zu werden. Dafür machen wir Wissen zugänglich, entwickeln neue Ansätze und geben erprobte Methoden und Erfahrungen weiter. So bieten wir unseren Zielgruppen Orientierung, statten sie mit Instrumenten aus und motivieren.

Wir begegnen allen, insbesondere aber der Zielgruppe der gering Literalisierten immer auf Augenhöhe und mit Wertschätzung. Wir möchten, dass Betroffene als gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft mitreden und offen zeigen können, wo sie Probleme haben, damit Verbesserungen entwickelt werden.
Gering Literalisierte beziehen wir stets direkt in unsere Arbeit ein. Einerseits können wir so von ihnen lernen und unsere Arbeit verbessern, andererseits fördert ihre ehrenamtliche Mitarbeit ihre Selbstwirksamkeit und bietet ihnen eine Plattform, Botschafter:innen in eigener Sache zu sein.

Wir sind couragiert und stehen mit unserem Einsatz für Offenheit, Bildung, Inklusion und Vielfalt mitten in unserer Gesellschaft. Auch das Grund-Bildungs-Zentrum bleibt vielfältig, offen und neugierig – gegenüber Ideen, möglichen Partner:innen und gesellschaftlichen Entwicklungen.

Wirkung und Nachhaltigkeit

Erfahrung und Expertise bedeutet für uns, nicht nur kenntnisreich und qualitativ hochwertig, sondern auch reflektiert und pragmatisch zu handeln.

Unsere Instrumente wie Schulungen, Fortbildungen oder das Alpha-Siegel evaluieren wir regelmäßig darauf, ob sie die gewünschte Wirkung erzielen, den Bedarfen unserer Zielgruppen entsprechen und ggf. für andere Initiativen und Projekte in der Grundbildung übertragbar und skalierbar sind.

Aus Erfahrung wissen wir, dass es mitunter Geduld und Beharrlichkeit braucht, um Wirkung im Grundbildungsbereich zu erzielen. Darum geht es uns vor allem um praxisorientierte und nachhaltige Lösungen.

So sind (Stand 2023) beispielsweise nicht nur rund 50 Einrichtungen in Berlin inzwischen mit dem Alpha-Siegel zertifiziert – das Instrument und der Zertifizierungsprozess werden seit 2019 auch nach Baden-Württemberg übertragen!

Zur Geschichte des Berliner Grund-Bildungs-Zentrums

„Den Nutzen, die Potenziale und die Notwendigkeit einer zentralen Stelle für Alphabetisierung und Grundbildung in Berlin haben wir bereits 2006 gesehen und in einem Konzept beschrieben.
Vernetzung, Information, Beratung und immer neue Impulse – umgesetzt mit Kompetenz, Wertschätzung und auf Augenhöhe. Dit is GBZ heute!“

Urda Thiessen, Leitung Lesen und Schreiben e.V. Berlin
2013Ausschreibung zur Gründung eines GBZ durch die Senatsverwaltung für Bildung
Bewerbung mit einem Trägerkonsortium, bestehend aus Lesen und Schreiben e.V. Berlin und dem Arbeitskreis Orientierungs- und Bildungshilfe e.V.: wir können auf deren jahrzehntelange Erfahrung in der Alphabetisierung und Grundbildung bauen
nach einem spannenden Bewerbungsprozess erhielten wir den Zuschlag
Mai 2014wir starten mit 4 Mitarbeiterinnen (aktuell 10 + 4 studentische Hilfskräfte)
Mai–Nov. 2014unsere ersten Maßnahmen sind es, unsere Kontakte in die Landschaft aus- und aufzubauen
so stellen wir das GBZ in der AG Direktor:innen der Berliner VHS vor, bei bundesweiten Projekten (Mento, INA-Pflege, Spin.Pro usw.) und Verbänden (v.a. dem AWO-Landesverband)
einiges an Zeit kostet uns die Suche nach geeigneten Büroräumen
Sept.–Nov. 2014unsere Webseite geht zum Weltalphabetisierungstag 2014 online
die Eröffnung unserer Räume findet am 03.11.2014 statt, u.a. mit Franziska Giffey (in ihrer damaligen Funktion als Neuköllner Bildungsstadträtin), Sandra Scheeres (ehem. Bildungssenatorin), Leitungen und Mitarbeitenden der Verwaltung, von Bildungsträgern, Grundbildungs-Fachszene, Politik und dem „Freundeskreis“ des Grund-Bildungs-Zentrums
erste Einladung einer Lernendengruppe ins GBZ
erste Sensibilisierungsschulung
Nov. 2015unser 1. Fachtag findet zum Thema „Grundbildung gemeinsam in Berlin verantworten“ mit ca. 100 Teilnehmenden statt
Nov. 2016die 1. Verleihung des Alpha-Siegels an die Piloteneinrichtungen findet im Rahmen eines Fachtags statt
Ausblick: 2024/2025Alphabetisierung und Grundbildung sind Daueraufgaben und gehören in die Öffentliche Hand. Deswegen hat die Senatsverwaltung für Bildung die Überführung des GBZ in eine Stiftung Öffentlichen Rechts angestoßen und die aktuellen Berliner Regierungsparteien CDU und SPD haben das Vorhaben in den Koalitionsvertrag aufgenommen.

Multiplikatoren und Multiplikatorinnen können Personen aber auch Einrichtungen oder Medien sein. Sie stehen in ihrem Arbeitsalltag mit Menschen und verschiedenen (Ziel-)gruppen im Kontakt. Sie kennen unsere Themen Alphabetisierung und Grundbildung. Sie geben Informationen, ihr Fachwissen und ihr Können an andere weiter und machen diese dadurch einem breiteren Personenkreis zugänglich.

vor allem

Als Analphabet wird jemand bezeichnet, der nicht lesen und schreiben kann. In Deutschland ist dies sehr selten. Viele Menschen, die Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben, können meist Buchstaben und Wörter lesen, haben aber Probleme mit Texten. Auch weil das Wort „Analphabet“ ausgrenzend ist, sprechen wir besser von „gering literalisierten Personen“. Viele Betroffene bezeichnen sich allerdings selbst manchmal als Analphabeten, weil der Begriff bekannt ist und nicht erklärt werden muss.

Analphabetismus bedeutet, dass jemand überhaupt nicht lesen und schreiben kann. Dies ist in Deutschland sehr selten. Viele Menschen haben aber große Probleme mit dem Lesen und Schreiben schon von einfachen Texten. Weil das Wort betont, etwas nicht zu können, und damit ausgrenzt, sprechen wir eigentlich lieber von „geringer Literalität“. Viele Betroffene bezeichnen sich allerdings selbst manchmal als Analphabeten, weil der Begriff bekannt ist und nicht erklärt werden muss.

Wir haben uns – mit Bauchschmerzen – für die Verwendung des Begriffs auf dieser Website entschieden, da viele Menschen über den Suchbegriff „Analphabetismus“ auf unsere Angebote stoßen und diese nutzen können.

bedeutend, schwerwiegend

gegebenenfalls

AWO ist die Abkürzung von Arbeiterwohlfahrt. Die AWO ist ein sehr großer Verband der sozialen Arbeit.

Akteure und Akteurinnen sind handelnde Personen oder Beteiligte an einem bestimmten Geschehen.

„e.V.“ ist die Abkürzung für „eingetragener Verein“ und bezieht sich auf eine bestimmte Rechtsform für Vereine in Deutschland. Ein eingetragener Verein ist eine Organisation, die sich aus einer Gruppe von Menschen zusammensetzt, die gemeinsame Interessen oder Ziele haben.

Grund-Bildungs-Zentrum

Es gibt bundesweit verschiedene GBZ. Die GBZ beraten Betroffene und ihre Angehörigen, informieren die Öffentlichkeit über Schriftsprachschwierigkeiten und bauen Netzwerke auf. Viele bieten Lernangebote an. In Berlin gibt es keine Kursangebote.

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